Gelände- und Wanderreitlehrgang I und II am Rimmelsbacher Hof, Völkersbach

Erlebnisbericht

von Esther Rehm

Wanderreitlehrgang I im April 2005

Zur Vorbereitung auf unseren ersten richtigen Wanderritt haben wir uns entschlossen, einen Lehrgang mitzumachen, bei dem uns die wichtigsten Details vermittelt werden sollten, die uns einen solchen Ritt ermöglichen und erleichtern werden. Für die Pferde erhofften wir uns ein Training, um vernünftig in einer größeren Gruppe auf weiten Wegen gehen zu können.

Wir waren ziemlich gespannt und natürlich auch angespannt!

Alles begann mit Theorie. Oh Gott – jetzt auch noch Schule!
Aber wir hatten uns geirrt. Karin erzählte uns über Sinn und Zweck des Reitens im Gelände, über die Voraussetzungen bei Pferd und Reiter und über den Entlastungssitz – ein Thema, was uns noch öfter beschäftigen sollte. Und wir konnten uns einbringen, Fragen stellen über Probleme, die wir ja schon lange haben. Die Themen wurden immer interessanter: hatte je schon einer gewusst, dass Hahnenfuß für Pferde giftig ist?

Dann ging es raus auf den mittlerweile sonnigen Platz.
Die erste Amtshandlung war der Aufbau eines Trailparcours: Strohballen, Stangen, Reifen, Pylonen -  alles was zur Verfügung stand, wurde verwendet.
Die Pferde sollten lernen, alle denkbaren Hindernisse, die uns so begegnen können, entspannt anzugehen und ihre Beine mit gutem Körpergefühl einzusetzen.
Einzeln sollten wir die verschiedenen Hindernisse bewältigen, individuell, je nach Tagesverfassung unserer Pferde. Bei der anfänglichen Anspannung klappte natürlich zunächst gar nichts, aber schließlich konnte man drüber lachen und es wurde immer besser. Die Pferde entspannten sich, wie wir uns auch und besonders die Acht im Rückwärtsgang machte viel Spaß. Da hat uns allen Rebecca – die Jüngste – richtig etwas vorgemacht. Jeder kam zu seinem Lieblingshindernis und holte sich ein gutes Erfolgserlebnis.

Mittags erholten wir uns im nahe gelegenen Gasthaus recht zünftig. Nun war auch der Rest der Anspannung weg und die zwischendurch eingebrachten theoretischen Bemerkungen fügten sich geradezu in ein lockeres Gespräch.

Noch eine kurze Theorie zum Verdauen und dann ging es ins Gelände.

Der Weg war nicht unbekannt, aber was man doch auf altbekannten Wegen alles üben kann: voneinander Wegreiten (normalerweise bleiben wir immer dicht beieinander), entgegenreiten, überqueren einer gedachten viel befahrenen Kreuzung und sogar auf dem direkten Heimwegeinzeln von der Gruppe weggaloppieren.

Spannend wars, toll wars, alles hat super geklappt!

Zum Abschluss gabs dann nochmals Theorie: es gibt doch immer noch was zu lernen und zu bedenken.

Am nächsten Tag sollte es einen Tagesritt geben, also Banane aufs Pferd und eine Ration Süßes – das bringt schnelle Energie.

Wir konnten nunmehr alles in die Tat umsetzen, was wir gestern theoretisch oder an imaginären Kreuzungen geübt hatten – vom Flussüberqueren, Klettern, Stehenbleiben – gar nicht so leicht – und Reiten an befahrenen Straßen bis hin zum Reiten mit Abstand. Gut, dass wir es zumindest theoretisch geübt hatten. Es klappte gut, aber es bleibt noch viel zu tun.

Nach 50 Minuten gabs die erste Pause: Fressen mit offenem Reithalfter gehört auch eher zu den Dingen, die gelernt werden sollten. -

Der Blick um uns lehrte uns, dass wir vorwiegend von giftigen Pflanzen umgeben sind, die unsere Pferde – Gottlob – aber besser kennen als wir selbst.

Danach gings weiter – über Straßen und Waldwege bergauf im ordentlichen Schritt – diese Hindernisse nehmen wir sonst immer im Trab oder Galopp.

Nach weiteren 50 Minuten sind wir an unserem Rastplatz angekommen, wo wir die Tiere zu ihrer Ruhepause anbanden. Hier zeigte sich, wer Wanderritte gewohnt ist und wer nicht.

Unser Mittagessen wurde immer wieder unsanft unterbrochen von unseren Pferden, die die Zeit nicht zum Erholen sondern zum Herumturnen am kurzen Band und Fressen des Anbindeholzes nutzten. Weniger unsanft waren Karins Unterbrechungen, der natürlich auch diese Pause für theoretische Unterweisungen gelegen war.

Gut gesättigt und gelaunt starteten wir schließlich den Rückritt. Und da kam der Regen: Reiten mit den Riesenregenmänteln hatten wir bis dato vermieden – man weiß ja nie, wie die Tiere auf dieses Geraschel und Geflatter reagieren. Aber sie nahmen es gelassen – das kann man jetzt auch mal öfters anziehen!

Eigentlich dachten wir, wir seien schon so gut wie daheim, da gabs noch einen kleinen Umweg: vorbei an einer Weide mit einem überaus munteren Hengst. Hier galt die bereits besprochenen Devise: in Gefahrensituationen Muskelanspannung auf Null herabfahren bei höchster Aufmerksamkeit beruhigend auf die Tiere einreden. Es funktionierte – auch wenn eine rossige Stute von uns die Sache nicht gerade gelassen nahm. Aber für solche Situationen ist ja ein Übungsritt da.

Und wer glaubte, dass nun alles vorbei sei, hatte sich geirrt. Nun hieß es wieder Theorie und zwar von der trockenen Seite: rechtliche Bestimmungen in Wald und Flur. Dass es da auch für uns restriktive Vorschriften gibt, war ja klar, aber die Details waren uns völlig neu. Nun wissen wir mehr – man könnte meinen alles – mal sehen, was es noch im zweiten Lehrgang zu besprechen gibt!

 

Wanderreitlehrgang II im Mai 2005

Eigentlich wissen wir ja schon alles; können auch einen Tagesritt bewältigen – warum dann nicht auch einen Wochen-Wanderritt? – dachten wir –

Die guten Erfahrungen aus dem ersten Lehrgang ließen uns freuen auf diesen Teil; wir waren gespannt, ob es da noch ungeahnte Herausforderungen geben würde. Wir sollten es erfahren!

Es begann wieder samstags morgens – und wie sollte es auch anders sein – mit Theorie.

Karin berichtete über die Anforderungen, die ein solcher Ritt an Pferd und Reiter stellt und an den Gruppenführer. Da bin ich doch froh, dass ich mir eine solche Aufgabe lieber nicht zu Eigen mache.

Anschließend kam wieder der Trailparcours, die Koordination und die Ausbildung des Körpergefühls sollte man ruhig öfters üben.

Wir durften uns den Parcours diesmal selbst gestalten und brachten alles ein, was uns so einfiel. Wichtig erschien uns die Acht über ein Dreieck – mal sehen, ob sich die Pferde die Strecke selbst vernünftig planen können! Sie können, wenn man es ein paar Mal übt.

Und natürlich die Acht im Rückwärtsgang – die hatte ja schon letztes Mal Spaß gemacht.

Aber diese Übung zu können, macht sogar Sinn in unwegsamem Gelände, wie uns der nächste Tag unmissverständlich zeigen sollte.

Diesmal allerdings wurde uns zur Aufgabe gemacht, den Parcours am langen Zügel zu reiten und die Tiere durch Gewicht und Körperdrehung zu lenken – schließlich wollen wir nicht eine ganze Woche am angenommenen Zügel reiten, denn Wanderritt soll Urlaub auf dem Pferd und für das Pferd werden.

So bot uns ein ganz ähnlicher Parcours eine ganz neue Herausforderung. Da wir aber selbst nicht mehr so angespannt waren wie das letzte Mal, schafften wir es viel besser. Den Trab schließlich im Entlastungssitz zu üben war uns ja nicht neu, aber die Sache mit minimalem Kraftaufwand zu gestalten, bedurfte doch das Gleichgewicht genau zu finden und zu halten – daran sollten wir noch arbeiten!

Die anschließende Theorie lehrte uns nicht nur, wie man einen Wanderritt plant, sondern insbesondere, dass man regelmäßige Pausen einzubringen hat. Dies kommt mir ja sehr zu passe , gelegentlich kann ich selbst auch eine kleine Erholungspause brauchen. Aber für die Pferde heißen die kurzen Pausen „Fresspausen“ – sehr gut, also müssen wir das Fressen am geöffneten Reithalfter noch intensiver üben, sonst klappts nicht. Natürlich werden die Tiere nachts im Freien untergebracht – na das wird dann wohl spannend – wo unsere Pferde dies gar nicht gewohnt sind – wir werden dies vorher lieber auch noch üben! Nach der geselligen Mittagspause erlernen wir, wie die Ruhe- und Belastungswerte an den Tieren gemessen werden können, um mögliche Körperliche Schwächen rechtzeitig und sicher erkennen zu können. Theoretisch ist dies ja ganz leicht, probiert man es allerdings dann am lebenden Objekt, so mussten wir doch gelegentlich konstatieren, dass unsere Pferde offenbar schon in Ruhe scheintot sind – gerade der Puls war schwer zu finden!

Aber offenbar konnten unsere Pferde – wenn auch ohne messbaren Puls – den sich dann anschließenden Ausritt mühelos bewältigen. Die Übungen im Gelände reichten vom unabhängigen Reiten bis hin zur Überwindung von Steigungen und Gefällen. Leicht erschwert wurde es dadurch, dass uns ein Hund folgte und uns den gesamten Ritt begleitete. Schön, Hunde sind also auch kein Problem – gut u wissen! Wir nahmen es gelassen – wussten wir doch nicht, was auf uns am nächsten Tag zukommen sollte.

Den Tagesabschluss bildete wieder eine kleine theoretische Unerweisung mit Hinweisen auf die notwendige Ausrüstung.

Für den nächsten und letzten Tag unseres Lehrganges war ein längerer Tagesritt geplant. Wir hatten keine Ahnung wohin, obwohl man mir das bei meiner Orientierungslosigkeit nicht hätte sagen brauchen. Aber von dieser Schwäche wusste wohl unsere Rittführerin – Karin -, denn die Theorie des Tages war die Orientierung im Gelände unter Zuhilfenahme von natürlichen Merkmalen, Karten und Kompass.

Es begann alles bei strahlender Sonne ganz locker. Die Strecken entlang der Straßen schafften wir – dank der vorausgegangenen Einweisungen und Übungen – so gut, dass wir spontane Lobesäußerungen bekamen – wir hatten ja auch aufgepasst!

Die erste „Fresspause“: Rebecca packte schon mal ihre Energiespenden aus und plante wohl ein kleines Picknick für sich. Aber dann kam die Karte: Karin erklärte uns das Einnorden – davon hatten wir natürlich noch nie was gehört, denn für unbekannte Strecken nehmen wir sonst immer die Hilfe eines – wie gut dass es erfunden – Navigationsgerätes an.

Natürlich passten wir auch jetzt gut auf – dachten wir -, aber plötzlich wurde die Karte zusammengefaltet und unsere Aufgabe war es nun, sie höchst selbst einzunorden und ein Stück des vor uns liegenden Weges festzumachen. Da half nun gar nichts, wir knieten vor dieser Karte und versuchten unser Bestes. Immerhin hatten wir noch längere Zeit den Weg gefunden und fühlten uns siegessicher. Also auf geht’s, aufsitzen und los! Niemals hätte ich damit gerechnet, dass wir von nun an festlegen sollten, wo es lang ging, aber weit gefehlt. Nach wenigen Minuten schon wurden wir nach dem Weg gefragt und …. scheiterten kläglich. Es ist eine hohe Kunst – zumindest für uns – mit Karte und Kompass einen Weg zu finden und dies bei einem Maßstab von 1/ 25000; bevor man anfängt zu denken, ist man eigentlich schon vorbei!

An dieser Stelle dachte sich Karin wohl, dass es sicherer sei, die Wegesplanung wieder selbst in die Hand zu nehmen – gut so -, obwohl ich sicher bin, dass wir noch öfters in dieser Übung herausgefordert werden.

Trotz sorgfältiger Kartenstudie gibt es auch gesperrte Wege, dumm nur, wenn es der einzige Weg ist, der uns über einen Berg führt, über den wir nun müssen! Was will man da machen, da heißt es jetzt querfeldein, über Gestrüpp, Äste und Steine steil bergauf. Zum Reiten war es viel zu steil, das hätte selbst ich erkannt – wir mussten zwangsläufig führen. Aber es heißt ja auch „Wander“-Ritt – man könnte auch sagen „Bergsteiger“-Ritt! Dank unserer Übungen im Trailparcours waren die Pferde konzentriert und ruhig und achteten auf jeden einzelnen Schritt. Wir hatten da schon mehr Koordinationsprobleme und mussten gelegentlich auf allen Vieren hoch krabbeln.

Nun, da uns diese Aktikon ungeplante Zeit gekostet hatte, hieß es nun „Landgewinn“ durch ausdauerndes Traben – möglichst kraftschonend. ;Man kann sich an dieser Stell sicherlich vorstellen, wie froh wir waren, als wir den Ort unserer Mittagspause erreichen. Hier wurde zünftig gevespert und selbst unsere Pferde nutzen die Gelegenheit – nachdem wir sie von der zum Auffressen zu arg verführerischen Anbindestange entfernt und auf einen freien Platz gestellt hatten – zur Ruhepause. Und da nur unser Körper, nicht unser Gehirn erschöpft war, wurde auch diese Pause genutzt, um uns in die geheime Physik eines Kompasses einzuführen. Wem dies jetzt zu hoch war, der lernte noch, dass sich die Himmelsrichtung auch schnell und einfach – ganz ohne Physik – mittels Sonne und Uhr bestimmen lässt.

Zunächst wunderte ich mich, warum wir auf dem Beginn des sich dann anschließenden Rückweges, Zuschauer hatten, die sich „den Spaß“ nicht entgehen lassen wollten. Aber bald war mir es klar: wir mussten über eine Furt. Der Ausdruck „Furt“ an dieser Stelle ist eigentlich nicht zutreffend, vielmehr handelte es sich um die Überquerung eines breiten, zügig fließenden Flusses mit reichlich moosbedeckten Steinen in seinem Flussbett. Und dies war dann doch zu viel für unsere Pferde. Wir haben es schließlich aber geschafft, wenn es auch etwas länger dauerte und abgestiegen sind wir auch nicht – Gott sei Dank! Aber Zeit hatte es gekostet; uns drohte die Zeitplanung aus dem Ruder zu laufen. Und was macht man dann – Rebecca bekam schon große Augen -: „Landgewinn“ durch Tempo. Obwohl sie des öfteren schloddernde Beine beklagte hielt sie durch – sogar lachend -! Spätestens jetzt hatte sie verstanden, warum Karin auf das Erlernen des kräfteschonenden Reitens so großen Wert gelegt hatte.

Den übrigen Rückweg meisterten wir ja geradezu routiniert und freuen uns auf unseren großen Wanderritt – auch wenn es bis dahin noch so Manches zu trainieren gilt!

 

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