Logbuch 04.09.04 – 11.09.04

Vogesen – Wanderritt

(Eindrücke eines Reitschülers)

von Winfried Rehm

 

1. Samstag:

Abfahrt in Spessart gegen 9.00 Uhr samt Pferdeanhänger zu Bianca.

Viel zu früh, trotz Zwischenstopp bei Bäckerei, um Bianca gegen 10.00 Uhr abzuholen.

Deshalb bis 10.00 Uhr irgendwo in Schöllbronn gewartet und eine 1. Ruhepause eingelegt.

10.30 Uhr Askan – Verladen am Rimmelsbacher Hof. Wie zu erwarten, klappt mein Plan – trotz Lektüre von Roberts Monty - natürlich nicht; wer auch immer die niedrige oder hohe Rangstellung hat, mag dahingestellt beleiben.

Askan geht jedenfalls nicht so wie gewünscht problemlos vorbildhaft in den Hänger, muss mit viel Zureden und zum Glück ungezählten Versuchen dazu bewogen werden, bis er dann schließlich doch sich dazu bequemt, wobei letztendlich nicht nur seine Karotten, sondern auch unsere Apfel-Wegzehrung von ihm vernascht werden.

Nachfolgende Verladung von Biancas „Mücke“ in Schöllbronn verläuft doch etwas einfacher.

Ankunft gegen 14.00 Uhr in La Hoube.

Pferde werden auf die Weide gebracht. Askan getrennt von den anderen; er meint, sich austoben zu müssen, pflügt die Weide ungezählte Male um und hat es dann auch wie auch immer geschafft bis zum nächsten Vormittag unbemerkt auf eine andere Weide zu gelangen.

Burkard und ich verbringen noch Auto(s) und Hänger zur Auberge nach Schantzwasen; eine unendliche lange Hin- und Rückfahrt durch das gesamte Vogesenmassiv.

Nach Rückkehr werden wir wenigstens mit angenehmer Stimmung und gutem Essen samt Rotwein überrascht und beteuern (obwohl wir das gerne getan hätten) keinen Zwischenstopp an irgendeinem Bistro eingelegt zu haben.

Stimmung, Biancas Essen und Burkards italienischer (!) Rotwein sind bestens; der Anfang für eine schöne Reitwoche ist gemacht.

 

2. Sonntag:

Es geht gegen 10.00 Uhr los.

Zunächst mit leichtem Anstieg und nachfolgend durchaus angenehmem, wohl mehrere Kilometer langem Ritt über breit bedecken Waldweg.

Bei einem 1. nachmittäglichen Abstieg durch einen im Hang gelegenen, noch dazu mit Feldbrocken belegten Pfad zu Fuß kommt der 1. Schreck. Der Weg wird durch eine Treppenanlage versperrt, die (natürlich) Karin und Bianca auf dem Pferd, Burkard und erst recht ich zu Fuß begehen und tatsächlich - auch Askan – erfolgreich schadlos bewältigen.

Beim späteren Abstieg in Richtung Oberhaslach meint Askan allerdings nach einem weiteren (berittenen) Waldweg, sich verweigern zu müssen und lehnt das weitere Begehen des Waldweges ab.

Meine Bemühungen sind allemal, Karins Bemühungen aber auch glücklicherweise oder  leider erfolglos, so dass wir einen anderen, im Rückblick durchaus angenehmen Weg in Richtung Herberge reiten.

Dort werden wir angenehm überrascht; der Gartenpool steht bereit und wird von uns auch genutzt, bevor es dann - Bianca noch besorgt wegen akuten Dasseltiereier-Befall der Pferde (davon habe ich noch nie etwas gehört) - zum frankreich- bzw. elsasstypischen viel zu üppigen, guten Abendessen samt Wein und anderen Getränken geht.

 

3. Montag:

Nach dem Frühstück geht es dann so gegen 10.00 Uhr oder 10.30 Uhr verspätet los.

Askan zeigt sich alsbald von seiner besten Seite und lehnt ab, einen kleinen Wasserlauf zu begehen; das geht ja schon – peinlich - gut los.

Ich schaffe es weder zu Pferd noch zu Fuß, Karin mit fester Hand und Burkards „gertenkräftiger“ Hilfe dann schließlich über eine Ausweichstelle, die nicht ganz so „unbewältigbar“ erscheint.

Nachfolgend verreiten wir uns dann, um so weitere Zeit zu verlieren.

Macht mir aber nichts aus; ich reite hinterher und vertraue Karins und Burkards „50.000er Maßstab – Kartenkünsten (schließlich wollen auch sie ja vor der Dunkelheit  ankommen).

Entschädigt werden wir schließlich mit einem langen Ritt neben Feldern, entlang der Bundesstraße bis es schließlich zum „sausteilen Anstieg“ (jedenfalls aus meiner damaligen Sicht; ich wusste nicht, was noch kommt) teilweise zu Fuß über Feldwege und steinige Wege und über kleine Wasserläufe geht, wobei sich Askan – man höre und staune – gebessert hat, gelegentlich sogar im Wasserlauf trinkt und diesen übersteigt.

Karins begründete Mahnung (nicht das erst Mal und wie sich später zeigt auch nicht das letzte Mal),  nach dem Absteigen doch obligatorisch die Steigbügel „hochgeschlagen“ (vergesse ich gelegentlich noch, bessert sich an den Folgentagen)  

Herrliches Wetter, herrliche Landschaft, angenehme Begleiter.

Störend ist allerdings, dass Askan noch immer glaubt, schnüffeln zu müssen, beim Reiten dem Vordermann zu nah aufschließt, was wohl insbesondere das Pferd von Karin, Aldis, wenig angenehm zu sein scheint; da hapert es wohl noch mit der zwischengeschlechtlichen Gelassenheit einerseits und dem Respekt (Tier – Reiter) andererseits.

In der Mittagspause reißt das Halfter von Askan, später auch noch der Nasenriemen.

Ansonsten läuft Askan wie ich meine recht gut, auch wenn es nicht immer ganz einfach ist, Karins Motto zu folgen: Ausreichend aufschließen, keine zu großen Abstände, damit Askan nicht den Anschluss und den Mut verliert, über Hindernisse zu gehen, andererseits aber auch nicht zu nahe aufläuft. dies umso mehr, wenn Aldis gelegentlich glaubt, spontane Spurwechsel vornehmen zu müssen und sich dann in die von mir mit Mühen erarbeitete, endlich ausreichend erscheinende Lücke zum Vorderpferd hineinquetscht (na ja, dann versuche ich es von wieder, Abstand aufzubauen)

Karins wiederholte Hinweise, Askan weder durch jedenfalls für Aldis hörbares „Schnaltzen“ anzutreiben, noch ständig mit der Gerte zu fuchteln und evtl. Aldis zu berühren und explodieren zu lassen oder den Mitreitern mit der Gerte die Augen auszustechen. Ich bemühe mich redlich, wenn auch vor allem anfangs öfters vergeblich.

Es ist sonnig, wird warm, sogar sonnig; na gut, schwitzen tut auch ganz gut.

Ein insgesamt herrlicher Tag, zu Fuß und zu Pferde.

 

4. Dienstag:

Wieder ein herrlicher Morgen in Breitenbach, zunächst mit Nebel und Raureif, dann mit blauem Himmel, Sonne und herrlicher Ruhe.

Wir reiten gegen 10.00 Uhr und kehren gegen 18.30 Uhr im nächsten Quartier ein, auch an diesem Tag länger als geplant (macht aber nichts); schließlich haben wir uns nur einmal verlaufen.

Karin und Burkard studieren die Karte gemeinsam und diskutieren sie an; entscheiden meist gemeinsam, wo es hingeht (das Ausdiskutieren der Karte und Wegführungen wollen sich Karin und Burkard für den Abend unter vier Augen vorbehalten).

An diesem Tag gibt es einen steilen Anstieg zunächst zu Fuß, auf breitem Waldweg; dann geht er aber weiterhin zu Fuß (Askan und ich mutig voraus) auf einem, wenn man ihn überhaupt noch als solchen bezeichnen kann, schmalem Waldweg zum Col de la Charboniere (?) mit herrlichen Blicken in die Täler. Der Anstieg wird schweißtreibend für Tier und Mensch, der Ausblick entlohnt, zumal Burkard geschäftlich telefoniert und wir ausreichend Zeit zum Trinken und Erholen haben.

Askan schaffte es sogar (das hätte ich nie erwartet) einen ca. ½ Meter hohen über den Weg quer liegenden Stamm zu überschreiten, mit meiner Hilfe (ohne Karin), wer hätte das gedacht.

Glück gehabt; was würden wir tun, wenn sich Askan verweigerte; Umkehr nicht möglich.

Nachfolgend gibt es nochmals ein Hindernis, nämlich in Form eines zu großen Felsbrockens, den dann alle vier Pferde mit gutem Zureden meistern: Glückwunsch!

Vielleicht hat es ja auch deshalb  so gut  geklappt, weil Askan „eingelaufen“ und er und Reiter schon etwas geübter und ruhiger waren.

An diesem Tag sind Askans Leistungen gut, ganz gut, ja sogar ziemlich gut.

Das morgendlich vom T-Shirt Küchenchef mit Führerschein ausgehandelte Baguette (wer hätte das erwartet) schmeckt besser als erwartet; der Küchenchef hat sich da zweifelsfrei ein Meisterwerk geleistet.

Leider sitze ich an diesem Tage aber schief auf dem Pferd, knicke rechts ein (was das auch immer heißen mag), komme aber doch – wieder einmal zum Glück – ohne Abwurf abends gemeinsam mit Askan im Ziel in der Auberge an.

Schließlich ist es erst der 3. Tag; die Welt wurde auch nicht in drei Tagen, sondern in

sieben Tagen erschaffen.

Bianca meldet erst Blessuren (Fuß-Blasenprobleme).

Der abendliche Rotwein schmeckt gut; das zu frühe Schließen des Lokals hindert uns nicht daran, noch eine Flasche mitzunehmen und extern zu trinken.

Hoffentlich klappt es am nächsten Tag mit Askan weiter gut, benimmt er sich nicht mehr ganz so frech und respektlos, hält Abstand zum Vordermann.

 

5. Mittwoch:

Wieder ein sonniger Tag.

Immerhin kommt Askan zum Anhalftern von der Weide und läuft nicht weg; das haben wir früher ja auch schon oft genug erlebt (allerdings vor Karins Schulung).

Wir satteln auf und begeben uns wieder zu einem saumäßig steilen Anstieg.

Es folgt ein nahezu einstündiger Fußmarsch; ein fersenbelastender und schweißtreibender Aufstieg.

Jetzt weiß ich, warum die Sache als Wanderritt, die Betonung liegt auf wandern, ausgeschrieben ist.

Schwitzen tut auch wieder ganz gut und ist gesund.

Allerdings getraue ich mich nicht – wie die anderen -, mich am Schweif des Tieres festzuklammern und bergauf ziehen zu lassen.

Askan ist wieder einmal ganz gut drauf. Er läuft gut mit und übergeht auch Hindernisse; dies jedenfalls dann, wenn ich Karins Weisung folge und mich nicht am Zügel ziehend festhalte, sondern bei Bedarf an der Mähne klammere und den Rücken entlaste.

Herrliche Blicke von den Cols auf die Niederungen.

Abends stelle ich erste Blessuren,  Fessel hinten links, fest; Behandlung mit Zinksalbe aus der von Esther aufgebauten Reiseapotheke hilft.

Askan läuft aber dennoch gut; er hinkt nicht.

Die Pferde fühlen sich auf der ans Hotel auf dem Col du Bonhomme angrenzenden riesigen Weide samt Esel auf der Nachbarweide (das wäre auch was für Franzi) pudelwohl.

Zum Abendessen werden wir zum anderen Hotel „ausgefahren“, da die  Gastronomie wegen Wasserrohrbruch lahm gelegt scheint.

 

6. Donnerstag:

Es soll ein ruhiger Tag werden, verspricht unsere Reiseführerin Karin.

Wir traben nicht; es wird hauptsächlich im Schritt geritten, das Wandern bleibt uns auch weitgehend erspart.

Wir reiten über herrliche teils steinige Hochebene.

Der abschließende Abstieg – für alle vier Reiter wieder zu Fuß - wird aber noch einmal zur Tortur, weil Askan wieder einmal glaubt, nicht Abstand halten zu müssen, deshalb am mir nach rechts vorbei drängt und den Hang abrutscht; er schafft es aber doch aus eigener Kraft (wie sonst), wenn auch mit viel Lärm und Staub bis in die Augen von Bianca, hochzukrabbeln. Glück gehabt.

Jedenfalls weiß ich nun auch aus Biancas Erzählungen, dass es nicht nur Rehe und Hirsche, sondern Rehe und Rehböcke einerseits und Hirschkälber und Hirsche andererseits gibt.

 

7. Freitag:

Wir planen einen 2 – 3-stündigen ruhigen Ausritt (samt Pause am See).

Wie erwartet, wird es etwas länger dauern. Wir brauchen von 10.00 Uhr – 17.00 Uhr; macht nichts, schließlich sind wir zum Reiten unterwegs.

Anfangs geht es über steinigen Felsweg, dann verhindert uns nochmals ein Felsbrocken den Weg, den Askan allerdings zu Fuß mit mir voran problemlos alleine schafft (Stolz).

Dann folgt ein angenehmer steiler Aufstieg und nachfolgend noch steilerer Abstieg, den wir zu Fuß aber problemlos bewältigen (hätte das Askan am 1. oder 2. Tag auch schon geschafft?).

Jedenfalls entspannen wir uns angenehm während der Mittagspause im Lokal am See; dann geht weiter - genau genommen zurück.

Karins Weisung: Aufsitzen. Fast hätte ich es wieder vergessen; zunächst Jacke zu, dann aufsteigen.

Angenehmer Rückritt und ebenso angenehmer Spätnachmittag auf der Terrasse und Abend im Lokal samt Rotwein und hochprozentigem Mirabellenwasser (sogar Bianca verschmäht diese Vitamine nicht) im „Schantzwasen.

Jetzt lässt die Spannung der letzten Tage, was uns denn so am nächsten Tag erwartet, auch nach.

 

8. Samstag:

Frühstück und problemlose Heimreise, wenn man einmal davon absieht, dass Aldis und Burkards Funi natürlich problemlos den Hänger besteigen, Mücke und Askan dagegen sich wieder einmal etwas bockig zeigen (na gut, schließlich muss es auch noch etwas zu verbessern geben).

 

Zusammenfassung:

 

Spaßfaktor: Hoch
Risiko: Ja
Mitreisende:  Angenehm
Reiseplanung: Gut
Reiseleiter(in): Angenehm
Verfasser:  Unverletzt zurück
Wiederholung: Sehr empfehlenswert
Anmerkung:

Beim nächsten Mal mehr
Respekt vor der Tour, nachdem
man doch die Hindernisse,
die sich einem in den Weg
stellen können, erahnt

Hinweis:     

Bereitschaft, beim nächsten
Wanderritt  den Trosswagen
samt Espresso – Zubehör u.a. 
zu  fahren

Fazit:  Ich übe weiterhin das Reiten

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